Nicht miteinander, nicht ohne einander – Frust im Projektteam

Menschen sind verschieden. Dieser Umstand führt oft dazu, dass Konflikte entstehen. So auch bei Anja und Ralf. Beide arbeiten schon seit vielen Jahren im selben Unternehmen, haben bisher jedoch nur am Rande miteinander zu tun gehabt. Ralf betreut Datenbanken und Softwaresysteme. Anja ist Projektmanagerin und hat bereits mehrere Bereiche auf eine bessere Kundenorientierung ausgerichtet. Nun müssen sie im Rahmen eines neuen Projekts eng zusammenarbeiten. Anja ist auf die Expertise von Ralf angewiesen, um ihren Auftrag zu erfüllen. Weil es ständig zwischen den beiden hochkocht und ihre Scharmützel bereits allen anderen auf die Nerven gehen, wird ihnen eine Mediation angetragen. Sie nehmen das Angebot mit gemischten Gefühlen an.

Bei der ersten gemeinsamen Sitzung sind die Spannungen und Feindseligkeiten mit Händen zu greifen und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie sich Projektsitzungen abspielen, wenn kein starker Dritter das Gespräch steuert. Es ist gar nicht so einfach, Anja in ihrem Ärger und ihrem Frust so abzuholen, dass sie sich beruhigen kann, und andererseits Ralf aus seinem Rückzug wegen all der Dinge, die er sich von ihr anhören musste, herauszulocken.

Als wir die Bedürfnisse, die Interessen und die Werte, die sie jeweils für die Zusammenarbeit brauchen reflektieren, merken beide, dass sie sich in vielem ähneln. Beide wollen herausragende Ergebnisse erzielen, beide wollen für ihre internen Kunden das Beste. Ihre Wege dahinzukommen, ihre Arbeitsstile unterscheiden sich jedoch diametral. Ralf will alles im Vorfeld durchdenken und prüfen und spricht deshalb sämtliche möglichen Fallstricke schon bei einer Bedarfsaufnahme an. Anja ermuntert die künftigen Nutzer, erstmal vorbehaltlos und ohne Scheren im Kopf zu äußern, was die neue Software können soll.

Die beiden beginnen zu verstehen, dass der andere ihm bzw. ihr nicht absichtlich schaden will, sich nicht die Vormachtstellung sichern will, den anderen nicht vorführen will im Team. Denn das waren die Phantasien vorher. Mit diesem Wissen wird es etwas leichter und nun muss viel verhandelt werden zwischen den beiden: Wer darf was wie machen und sagen oder nicht. Wodurch fühlt sich der jeweils andere überfahren. Wie signalisieren sie einander ihre Grenzen. Erzählen sie den anderen im Projektteam von der Mediation? Sie lernen sich viel besser kennen und anerkennen. So wird aus Verschiedenheit in den Arbeitsstilen keine persönliche Belastung, sondern eine Bereicherung für das Unternehmen und die beiden selbst.