Vergeben kann man lernen

Jeder, dem schon Leid zugefügt wurde weiß, wie lange das innerlich nachhallen kann. Enttäuschung, Schmerz, Wut, Trauer, Hass, Groll: Die Palette an Gefühlen ist dunkel gefärbt und manchmal überdecken sie alle anderen Gefühle. Lange Zeit. Wie ein Gift durchdringen sie das weitere Leben. Und können uns auf Dauer sogar krank machen. Das ist bitter.

In einer Mediation setzen sich Menschen zusammen, die sich auf die Sicht des anderen einlassen wollen. Die bereit sind, sich mit ihrem Anteil an der Situation auseinanderzusetzen. Aber das ist ja nicht immer der Fall. Oft genug gibt es nicht die Möglichkeit oder den Wunsch, das Geschehene mit dem anderen zu besprechen.

Um dann aus den Gefühlen herauszuwachsen, hilft es, vergeben zu lernen. Auch wer keinen religiösen Hintergrund hat, kann über diesen Weg zu der Erkenntnis gelangen und erleben, dass es guttut, die alten, schmerzlichen Gefühle und Verhaltensweisen loszulassen.

Der Psychologe Robert Enright hat ein Modell entwickelt, wie das gelingen kann: Über die Schritte „bewusstes Durchleben der Gefühle“, den „Entschluss zu vergeben“, die „Akzeptanz des Unumkehrbaren“ und die „Entwicklung einer neuen Sicht auf den Täter“. Dieser Prozess braucht viel Zeit, aber eben noch mehr als Zeit.

„Vergebung ist ein Ziel, das ständig in Bewegung ist. Mal scheint es einem zum Greifen nah, dann wieder fast unerreichbar. Fortschritte und Rückfälle wechseln sich ab, das ist völlig normal.“ so Robert Enright. Warum sich also darauf einlassen? Letztlich ist Vergebung vor allem ein Akt des Mutes und der Selbstfürsorge, denn ich entscheide darüber, welche Gefühle ich in Zukunft haben will.

Welche Erfahrungen habt Ihr mit Vergebung gemacht? Wir freuen uns über Eure Kommentare.